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Peter Kempe – „Karl Lagerfeld hat mich gelehrt mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben“

By Petra Dieners



„Während sich mein Bruder von seinem Konfirmationsgeld eine Mofa gekauft hat, bin ich mit einer Freundin mit dem Bus nach Paris gefahren und habe mich bei Yves Saint Laurent eingekleidet.“

Peter Kempe tritt ganz bescheiden auf. Am liebsten zieht er die Fäden aus dem Hintergrund. Er ist ein wahnsinnig interessanter Gesprächspartner und spricht mir in so vielen Dingen aus dem Herzen! Während unseres Südfrankreichurlaubs haben wir ihn in seinem Geschäft in Saint-Remy besucht.

Einheitlich möchte er gar nicht so viel über Mode sprechen, sondern viel mehr über seine große Leidenschaft, die wir beide teilen: Porzellan! Aber auch als Fashionlover bin ich natürlich brennend an seiner ganzen Geschichte interessiert!

„Ich war früh ganz versessen auf Mode! 1982 gab es noch kein Internet. Am Kiosk gab es nur zwei Vogue Magazine und ich musste mich beeilen, um eins am Kiosk zu ergattern. Mein Traum war es, bei einer Modenschau in Paris teilzunehmen. Ich habe Karl Lagerfeld einfach einen Brief geschrieben und er hat mich prompt zu Chloé eingeladen. Seit dem Karl 1983 zu Chanel gegangen ist, habe ich jede Chanel Modenschau gesehen. Nur zwei Mal war ich krank. Dieses akribische Arbeiten, dass man auf dem Teppich bleibt, dass man keine Drogen nimmt. Das habe ich von Karl Lagerfeld gelernt.“

Mit Karl Lagerfeld hat Peter Kempe viele Jahre zusammengearbeitet. Historische Recherchen gehörten zu seinen Projekten.

„1997 haben wir mit Chanel eine Kollektion mit Porzellanpailletten von Meissen gefertigt. Ich hatte damals parallel beschlossen mit meinem Partner Thomas Kuball ein eigenes Geschäft in Hamburg zu eröffnen „Kuball & Kempe“. Wir wollten mit Traditionsmarken zusammenarbeiten, aber nicht mit den Produkten aus deren regulärem Sortiment. Wir wollten ein eigenes Design mit ihnen entwicklen. Die Porzellanmarken haben sich immer eigenständig gesehen. Sie haben sich nie an Trends oder Modefarben orientiert. Es wurde auch nur in einem 6-teiligem Kaffeeservice gedacht. Ich habe gesagt: „Man lebt heute anders! Er gibt Single-Haushalte.“ Für mich ist ein Set ein Kaffeebecher, ein Teller und eine Schale. 99% der Bevölkerung essen aus Schalen! Es muss multipel einsetzbar sein. Bei der Porzellanmalerei lernt man zuerst Blümchen zu malen. Es dauert sieben Jahre, bis man einen Drachen malen darf. Nach einem Jahr habe ich die Creative Direction bei Meissen übernommen. Der Messestand von Meissen sah dann so aus wie unser Laden. In unserem Geschäft in Hamburg standen die Adidas Originals neben einer Kaffeetasse. Ein solches Ladenkonzept gab es damals noch gar nicht. Als wir bei der Gründung der Bank erklären wollten, was ein Concept Store ist, hat uns niemand verstanden. Keiner konnte sich vorstellen, Sneakers und teures Porzellan nebeneinander zu präsentieren.“

Für die Porzellanmanufaktur Meissen hat Peter Kempe den Ming Drachen neu interpretiert. Eines meiner Lieblingsporzellandekore überhaupt und er erzählt: „Als ich zu Meissen gekommen bin, gab es den Drachen nur in orange und in grün. Wir haben dann sechs Farben insgesamt daraus entwickelt. Es gab ihn bis dato auch nur auf Konfektblättern. Eigentlich sollte die Serie damals eingestellt werden.“

 

„Mit unserem Geschäft in Hamburg waren wir Vorreiter. Wir haben Retro Geschichten aufgebaut. Wir hatten viele Dinge in Deutschland zuerst, die wir teilweise „mit der Hand“ importiert haben. Als bei uns die Diptyque Kerzen gesichtet wurden, wollten sie plötzlich alle verkaufen. Das Magazin AD kam regelmäßig zu uns und fragte: „Was gibt es Neues?“

Für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg hat Peter Kempe das Dekor der Serie Aureole Colorée entworfen. „Ursprünglich ein Geschirr für Capri! Meine Inspiration war ein Seidenstoff von Abraham, den er für YSL gemacht hatte.“

Theresienthal Kristall war damals insolvent. Die BMW Stiftung, Eberhard von Kunheim hat uns dann gefragt, ob wir das nicht wieder aufbauen wollen. Mein erster Kunde war Christion Dior, der sich für diese rote Karaffe entschied. Marella Agnelli kaufte die Karaffen für ihr Haus in Marrakesch. Die Fotostrecke aus ihrem Haus haben alle Vogue Zeitschriften weltweit übernommen und veröffentlicht und so kam die Kristallmanufaktur wieder ans Laufen. Es ist alles Handarbeit. Sie haben auch wunderschöne Gläser.“

„Diese Tablett-Kollektion machen wir auch. Man kann aus 50 Farben auswählen.“ Peter zeigt mir Tabletts mit farbigem Lederboden, die in Geflecht gefasst sind.

„Das ist ein Frühstückservice, das ich für Yves Saint Laurent persönlich kreiert habe. Es sind Zeichnungen von Christian Bérard. YSL hat Bilder von ihm gesammelt.“

Peter hat die einstigen Handwaschschalen mit dem Zwiebelmuster und dem Ming Drachen versehen und in die jeweiligen Meissen Kollektionen integriert.

Peter Kempe wollte kein Modedesigner werden, aber wollte etwas mit Haute Couture zutun haben. Er ist gelernter Kaufmann. War Einkäufer bei Mey & Edlich, machte Praktika bei Christian Lacroix usw. „Ich wollte immer wissen, wie alles ganz genau funktioniert und bin immer sehr stark ins Detail gegangen. Ich war zwei Monate beim Kürschner. Die Handwerker akzeptieren mich, weil ich um ihre Sorgfalt weiß. Ich kann das handwerkliche an sich nicht selbst, aber ich bespreche das Design, die Positionierung usw. Nebenbei habe ich noch Mode-Journalismus gemacht.“ Heute schreibt Peter Kempe noch eine Kolumne für die Berliner Zeitung.

Peter Kempe ist vielseitig unterwegs. Für Pamela Henson hat Peter Hosen entworfen und für ein Cashmere Label hat er die Produktentwicklung vorangetrieben.

Auch wenn sich alles vorangegangene für einen „Otto Normalverbraucher“ fast unglaublich anhört, ist das für den kreativen Tausendsassa: „Ganz normale Arbeit! Das ist keine Hexerei! Es hat sich alles in meinem Leben so ergeben. Ich war nie besonders ehrgeizig. Aber ich habe immer meine Träume wahrgemacht. Mein Partner Thomas Kuball und ich arbeiten nur mit Menschen zusammen, die wir gerne mögen. Das Handwerk und die Qualität stehen im Vordergrund.“

Und hier spricht er mir voll und ganz aus der Seele: „Die Stoffe der Luxushersteller und Designer werden immer schlechter. Es kann nicht jedes Jahr alles 30% teurer und die Qualität schlechter werden. Es geht nur noch um Profit. Einer merkt das mal! Die Welt wird umkehren!“

„Es ist viel schicker, wenn man eine 45 Jahre alte Tasche hat, die gelebt hat und von bester Qualität ist, als eine neue Tasche zu kaufen in irgendeiner Farbe, nur um eine von dieser Marke zu besitzen.“

„Zum Glück kommt die neue Generation wieder auf Langlebigkeit und Qualität zurück. Die Wegwerfgesellschaft ist vorbei!“

Ich hätte ihm stundenlang zuhören können und hoffe, Peter ganz bald wiederzusehen und auch seinen Partner Thomas persönlich kennenzulernen!

Vielleicht hast Du auch Lust, mal in seinem Geschäft in Saint-Remy vorbeizuschauen, wo er heute lebt und wirkt. Bis dahin kannst Du ihm bei Instagram unter gazette_pierre folgen oder auf der Webseite www.kuballkempe.de stöbern. „Art de la Table“

Hab einen sonnigen Sonntag!

 

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